DIE TURNFAHRT IN DEN WESTLICHEN JURA 24.–25. August 2019
Das Schwing- und Älplerfest fiel in diesem Jahr genau zusammen mit der Turnfahrt der Therwiler „Mannen“ oder sollte es leiser ausgedrückt heissen: die Turnfahrt fand am gleichen Wochenende statt wie das eben genannte Mammutfest in Zug. Wie dem auch sei: für beide Feste gibt es kaum genügend Superlative. Während TV, Radio und Zeitungen über das Zuger Event ausführlich berichteten, muss sich allerdings die Turnfahrt des TVT’s mit einem einzigen Beitrag und einigen Fotos aus eigener „Küche“ begnügen.
Nach dem einige von uns Thomas – er ist unser Chauffeur – mit seinem Bus in die Schweiz geholt hatten (nebenbei vielen Dank an Herta für das früh morgendliche Aufstehen), sind wir die 30 Mitglieder vom TVT in Richtung Südwesten losgefahren. Werner begrüsste die Anwesenden und wünschte allen zwei tolle Tage. Alles, wie immer, ist sehr pünktlich abgelaufen. Anfänglich wähnte man sich zwar eher auf einer November-Fahrt, denn wir fuhren bis weit über Delémont in einer Nebellandschaft, die durchaus auch ihren Reiz hat, aber doch nicht gerade zum August passte. Während des Aufstieges zu den Freibergen (Franches Montagnes), liessen wir die graue Suppe definitiv hinter uns und danach sahen wir zwei Tage lang kaum mehr eine Wolke.
Die Stiftung „Le Roselet“ in Les Breuleux diente als erste interessante Haltestelle. Das Altersheim für ausgediente Pferde, Ponys und Esel wurde 1958 ins Leben gerufen, inzwischen erweitert und in eine Stiftung umgewandelt. Im Restaurant genossen wir den traditionellen Kaffee/Gipfeli. Wir realisierten, dass nicht nur Menschen im Alter etwas anders aussehen, sondern dass auch bei den Pferden sichtbare Veränderungen im Aussehen feststellbar werden, wenn sie älter werden. Von Les Breuleux ging die Busfahrt weiter über ruhige, von der Sonne durchfluteten, vielleicht manchmal etwas einsam wirkende Landschaften. Wir durchquerten La-Chaux-de-Fonds , La Sagne, Les Ponts-de-Martel, um ins Val-de-Travers hinunter zu gelangen. In Couvet stiegen wir aus dem Bus. Hier war der erste Fussmarsch bis nach Fleurier geplant. Wer hier nicht wandern wollte, hatte noch immer die Möglichkeit im Bus zu verweilen und nach Fleurier gefahren zu werden.
Hier in Couvet stiess Markus Jenni zu uns, dessen Idee es war, der diesjährigen Turnfahrt den Jura-Stempel aufzudrücken. Markus erzählte viel Interessantes über die Dörfer des Val-de-Travers, das – wie er selbst gesagt hat – ein bisschen zu seiner zweiten Heimat geworden ist. Wir wanderten also alle zusammen der Areuse entlang bis nach Fleurier, wo dann wieder der Bus auf uns wartete, um uns hinauf zum Hut des Napoleons zu führen; das war eine erste Prüfung für Thomas, denn der Weg hinauf ist extrem eng und viele Möglichkeiten zum Kreuzen gibt es dort nicht. Thomas – wie nicht anders zu erwarten war – hat diese Prüfung mühelos bestanden. Der Chapeau de Napoléon besteht aus einem Kalkfelsen, der in der Tat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Hut des Kaisers aufweist. Oben am Berg steht ein Restaurant, wo wir – nicht ganz zufällig – zum Mittagessen erwartet wurden. Die Aussicht ins Val-de-Travers an diesem wunderbaren Tag war fast Schwindel erregend. Das Essen übrigens (jambon chaud et pommes gratinées) schmeckte auch nicht schlecht.
In Môtiers(NE) – dem administrativen Sitz der aus 9 Dörfern zusammengesetzten Gemeinde namens Val-de-Travers – ging es um Champagner oder juristisch korrekt ausgedrückt um „vin mousseux, méthode traditionnelle“. Das Haus Mauler wurde vor 190 Jahren von einem Elsässer gegründet und stellt seit seiner Gründung eine konstant hohe Qualität her. Ungefähr 80% der Produktion wird – so wurde mitgeteilt – in der Schweiz abgesetzt. Das lange Verfahren bis zur Marktreife rechtfertigt den relativ hohen Preis des Getränkes allemal wie wir dies während der Degustation selber einsehen konnten.
Am Abend trafen wir mit dem Bus in Sainte-Croix ein, wo für uns im Hôtel de France gebucht worden war. Ste-Croix VD zählte in der ersten Hälfte des 20. Jh. einmal über 7000 Einwohner. (Heute sind es noch deren 5000). Hier produzierte man Spieldosen, Phonographen und Grammophone, sowie die bekannte Rechenmaschine Hermès oder die seinerzeit international bekannten Bolex-Kameras von Paillard. Wir genossen den langen, schönen und milden Abend mit einem hervorragenden Essen und feinen Weinen. Am späteren Abend setzte sich dann auch die „grüne Fee“ oder besser ausgedrückt ein Heer von grünen Feen – es lebe die Diversität – zu uns. Das war sicher kein schlechter Ausklang des ersten Tages.
Am Morgen des zweiten Tages ging es für die Wanderer zuerst mit dem Bus hinauf zum Col des Etroits und von dort aus wanderten diese zusammen mit Markus während etwa 1 ½ Stunden bis nach Bullet zum Haus der Familie Jenni. Die Männer, welche der Wanderung nach Bullet fernblieben, besuchten zuerst das musée industriel in Ste-Croix, um danach mit dem Bus Bullet zu erreichen. Die Wanderung vom Col des Etroits über Les Rasses nach Bullet war an und für sich schön und interessant, aber was uns von der Terrasse des Hauses der Familie Jenni geboten wurde an Aussicht kann man nicht anders benennen als überwältigend. Der Blick in die Tiefe mit dem Neuenburger See, umrahmt von der Alpenkette: einfach sensationell. Selbst der 100 Km entfernte höchste Franzose, der sich zwar etwas scheu aus dem morgendlichen Dunst profilierte, war mit von der Partie. Gemeint ist der Mont Blanc. Hier in diesem wunderbaren Rahmen hatten uns Helen und Markus zu einem feinen Apéro eingeladen.
Nach diesem Highlight ging es zu Fuss oder per Bus weiter zur Siedlung Les Cluds, wo ein Mittagessen auf uns wartete. Markus begleitete uns bis zur Sichtweite von Les Cluds und verabschiedete sich dann von uns. Im Restaurant waren wir nicht ganz allein. Das schöne Wochenende hatte viele Familien in die kühlen Jurahöhen gezogen. Rinds- und Schweinebraten Nudeln und Pommes Frites (letztere speziell für Werner gedacht!) und Salat waren die Komponenten der Mahlzeit. Hunger hatten wir alle und offenbar hatte es geschmeckt, denn Reste gab es kaum. Am Nachmittag wurden wir alle an das Ufer des Neuenburger Sees gefahren. Der Bus hielt in Onnens an und von dort wanderten die meisten eine knappe halbe Stunde dem See entlang bis zum Zeltplatz Les Pins, wo wir uns ein Getränk und ein Stück Apfelkuchen zu Gemüte führen durften. Von hier aus fuhren wir auf direktem Weg über Neuchâtel, Biel, Moutier und Delémont nach Therwil. Ein langes schönes, interessantes Wochenende ging nun zu Ende. Es gab keine Zwischenfälle, alles lief wie am Schnürchen, und ich glaube sagen zu können, dass es allen sehr gefallen hat. Wahrhaftig ein Ausflug der Superlative.
An dieser Stelle herzlichen Dank an alle Teilnehmer (ohne sie gäbe es keine Turnfahrt). Ganz besonderen Dank an Helen und Markus für den ausgedehnten Apéro, an Markus für die Idee und für seine Bereitschaft bei der Planung mitzuhelfen, sowie an Werner für die Gesamtorganisation. Nicht vergessen darf man Thomas nicht, der uns professionell durch alle Winkel und Strässchen wieder heil nach Hause gebracht hat. Last but not least bedanken sich Werner und der Schreibende für die „grüne Fee“, die wir mit nach Hause bringen durften.
Willy Lützelschwab